Eine Stadt kommt ins Gespräch

Studierende der FHS St.Gallen lassen die Rorschacher von ihrer Stadt erzählen

Studierende haben am Dienstag Mittag auf dem Marktplatz Passanten eingeladen, auf nostalgischen Sofas über ihre Stadt nachzudenken. Die Aktion „Fragen an eine Stadt“ fand im Rahmen eines Medienseminars an der FHS St.Gallen statt.

„Kommt der Papst nach Rorschach?“ fragt ein Junge beim Anblick des imposanten Sofas in Rot auf dem Marktplatz. Die acht Sofas aus dem Fundus des Theaters St.Gallen warten an diesem Dienstag Mittag aber nicht auf eine Audienz des Papstes, sondern auf die Bewohner dieser Stadt. Rund dreissig Passanten verschiedenster Generationen nehmen sich trotz Kälte Zeit, über ihr Leben in der Stadt zu berichten. Andere bleiben verwundert stehen und schauen dem Treiben zu.

Das Schmuckstück See
Ein Thema, das die Rorschacher bewegt, ist die Nähe zum See. Einerseits schätzen sie den See als Erholungsgebiet, andererseits kritisieren sie die Gestaltung des Ufers. „Mehr Blumen in der Stadt“, wünscht sich eine Erzählerin. Ein älterer Herr sorgt sich um die Sicherheit am Abend an der Hafenpromenade. Einig sind sich die Bewohner darüber, dass der See grosses Potenzial für das Image der Stadt Rorschach besitzt. So beendet ein Gesprächsteilnehmer seine Briefe immer mit „Grüssen vom südlichsten Ufer des Bodensees“.

„Rorschach wird schlecht geredet“
Mehr als ein Passant weist auf das schlechte Image der Stadt hin. Die Stadt sei farblos, das kulturelle Angebot sei ungenügend und der Ausländeranteil sehr hoch, lauten kritische Stimmen. Es gäbe Leute, die seit mehr als 20 Jahren hier leben, und sich trotzdem noch nicht heimisch fühlen.

101 Fragen
Die Initianten des Projektes „Fragen an eine Stadt“ haben über 100 Fragen gesammelt. Eine Auswahl davon posaunt der Herold, verkörpert von den Studierenden Ruth Stossfellner und Nadja Seliner im farbenprächtigen Kostüm, über die Stadt: „Was fehlt Dir zum Glück?“ „Welche Gerüchte über Dich möchtest Du widerlegen?“. Vom 22 Meter hohen Kirchturm, von einer Hebebühne auf dem Marktplatz und aus einem Pumpenschacht beschallt der Herolds die Stadt.

Sofas für den Stadtrat
Für eine Stunde erwacht der Marktplatz zu neuem Leben, was viele Passanten schätzen. Solche Anlässe sollten öfters stattfinden, heisst es. Auch der Vorschlag der Initianten Selina Ingold und Mark Riklin unterstützt diese Forderung: Der Stadtrat könnte nach jeder Sitzung auf einem Sofa im öffentlichen Raum Platz nehmen und eine Stunde lang den Anliegen der Bürger zuhören.

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Der Herold, Nadja Seliner, beschallt vom Kirchturm die Stadt mit Fragen

Text: Claudia Niederer Enuma, Sarah Minder, Roland Künzi, Studierende Sozialpädagogik der FHS St.Gallen im 4. Semester
Foto: Ruth Stossfellner, Studentin des Fachbereichs Soziale Arbeit der FHS St.Gallen