Sanierung von Altbauten, bezahlbarer Wohnraum und wer will überhaupt in einem Mehrgenerationenhaus wohnen?

Was beschäftigt Sie derzeit am stärksten in Bezug auf das Wohnen und den Immobilienmarkt in St.Gallen? Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen? Und was braucht es, um diese anzupacken? Diese und weitere Fragen standen im Zentrum des ersten St.Galler Immo-Treffs am 12. Dezember 2019 an der FHS St.Gallen, welcher vom Schwerpunkt «Wohnen und Nachbarschaften» des Instituts für Soziale Arbeit und Räume der FHS St.Gallen (IFSAR-FHS) in Zusammenarbeit mit der Stiftung hausen+wohnen lanciert wurde.

Ziel des Anlasses war es, eine Austauschmöglichkeit für die verschiedensten Akteurinnen und Akteure im Bereich Wohnen und Immobilienmarkt in St.Gallen zu bieten, Praxis und Wissenschaft zusammenzubringen und allenfalls mögliche Kooperationsachsen zu verstärken oder neu aufzubauen.

Rund 20 Personen aus den Bereichen Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Verbände, Genossenschaften, Interessengemeinschaften und Wissenschaft diskutierten Herausforderungen und mögliche Entwicklungs- und Kooperationsperspektiven in Bezug auf den Themenbereich Wohnen und Immobilienmarkt in St.Gallen. Dabei stand zunächst die Identifikation von Herausforderungen im Zentrum, die – wie die Diskussion zeigte – sehr vielfältig sind: knappe Bodenressourcen, unterschiedliche und komplexe Ausgangslagen bei Gebietsentwicklungen, Mangel an bezahlbaren Liegenschaften, um günstigen Wohnraum zu errichten, unzureichende Kooperationen zwischen öffentlicher Hand, Investoren und Genossenschaften, Umgang mit divergierenden Interessen und Perspektiven (z. B. Renditeorientierung versus Bezahlbarkeit) oder die Realisierung von vielfältigen Wohnformen und Wohnangeboten für heutige und künftige Bedarfe. Die Teilnehmenden haben sich auch auf den aktuellen Prozess rund um die «Wohnraumstrategie», welche die Stadt St.Gallen derzeit erarbeitet, bezogen.

Die Diskussion zeigte auf, dass es – um die genannten Herausforderungen anzupacken – wichtig ist, auf unterschiedlichen Gestaltungsebenen anzusetzen: Auf Ebene der rechtlichen Grundlagen ist der Mut zu Neuem gefragt, wie z. B. die Einführung von bereits erprobten Rechtsformen in anderen Ländern zwischen Eigentum und Miete oder – wie seitens einiger Teilnehmenden gefordert wurde – vereinfachte Planungs- und Baubewilligungsverfahren. Auf politischer Ebene sind Rolle und Verantwortung der Stadt insbesondere mit Blick auf den Verkauf resp. Kauf von Grundstücken und Liegenschaften zu klären, um eine aktive(re) und nachhaltige(re) Bodenpolitik zu gewährleisten. Schliesslich sind auf Ebene der Zusammenarbeit und Kooperationen vermehrt kooperative Verfahren und Prozesse anzustreben, um zeitgemässe Lebens- und Wohnformen in der Stadt St.Gallen weiterzuentwickeln. Dies kann z. B. durch die städtische Vorgabe zur Kooperation zwischen Investoren und Baugenossenschaften in Bauvorhaben gefördert werden, erfordert jedoch gleichzeitig auch ein verändertes Bewusstsein darüber, wie unterschiedliche Akteurinnen und Akteure voneinander profitieren können, und die Offenheit, Projekte im Bereich des Wohnens zusammen anzugehen.

Insgesamt zeigte der erste St.Galler Immo-Treff auf, dass über den Austausch zwischen (privaten, institutionellen und gemeinnützigen) Bauträgerschaften, städtischer Verwaltung, Politik und Wissenschaft sowie den verschiedenen Interessensverbänden eine konstruktive und gemeinsam getragene Weiterentwicklung des Wohnungsangebots in St.Gallen erfolgen  kann. Der Treff, so die Meinung etlicher Teilnehmenden, soll in Zukunft regelmässig zu aktuellen Wohnthemen stattfinden.

Text: Madeleine Vetterli