Stadt für Frauen – Stadt für Viele?

Was ist eine gendergerechte Stadt? Und wie kann die Stadtplanung und -entwicklung dazu beitragen, dem Ziel einer «Stadt für Frauen – Stadt für Viele?» gerecht zu werden? Unter diesem Titel fand am Freitag, dem 03.12.21, eine Zoom-Veranstaltung statt, die den Start einer Veranstaltungsreihe der Stadt Bregenz einläutete. Eva Lingg hat den Abend moderiert und führt im Frühling 2022 zu diesem Thema auch einen Stadtspaziergang durch.

Die Forderung nach mehr Diversität wird derzeit in vielen gesellschaftlichen Bereichen gestellt, immer mehr auch in der Stadtplanung. Dabei geht es zunächst darum, die unterschiedlichen Raumansprüche und -bedürfnisse von Menschen in ihren unterschiedlichen sozialen Rollen, Lebensentwürfen und Lebenslagen zu erkennen. Nach wie vor gibt es viele Ungleichheiten in der Raumnutzung, sei es aufgrund des Geschlechts, des Alters, der sozialen Lage oder der Herkunft, weil Menschen Care-Tätigkeiten nachgehen müssen, weil sie weniger mobil sind als andere oder weniger finanzielle Ressourcen zur Verfügung haben. Diese Ungleichheiten werden heute noch viel zu wenig wahrgenommen und zu wenig in der Planung berücksichtigt. Ein zweites Thema, welches mit dem gendersensiblen Planen oftmals einhergeht, ist die Sicherheit: Wie kann man Städte sicherer machen? Wie kann man Angsträume vermeiden? Wie können Schulwege sicher werden und wie kann insgesamt das Wohlfühlen auf der Strasse verbessert werden, insbesondere für Fussgängerinnen und besonders in der Nacht? Und ein drittes, wichtiges Thema, das beim gendersensiblen Planen einen grossen Stellenwert hat, ist die Mitwirkung. Die Planungsforschung zeigt deutlich: Bisher wurden Städte primär von Männern für ihre Bedürfnisse geplant und gebaut. Auch besetzen sie nach wie vor die entscheidenden Positionen in der Planung, in Gremien der Raumentwicklung sowie in der Planungspolitik. Hier setzt gendergerechte Planung an und fragt: Wer plant heute unsere Städte? Und wie kann die Alltagstauglichkeit, um die es letztlich geht, mehr in den Planungsprozessen berücksichtigt werden?

Für eine gendergerechte oder -sensible Planung gibt es mittlerweile einige Leitfäden und Handbücher, zum Beispiel des Vereins Lares in der Schweiz oder der Stadt Wien. Und viele Städte haben bereits wichtige Massnahmen gesetzt. Einen Einblick in diese Diskussion und einen Überblick über sogenannte «good practice»-Beispiele gaben am Freitag, dem 03.12.21, die Raumplanerin Petra Hirschler und die Architektin Sabina Riss, die beide zum Thema gendersensibles Planen an der TU Wien forschen und unterrichten. In ihrer Begrüssung wies Sandra Schoch, Vizebürgermeisterin der Stadt Bregenz, auf die Dringlichkeit gendersensibler Planung hin. Die Leiterin der Abteilung Stadtplanung in Bregenz, Andrea Krupski von Mansberg, erzählte von ihren Erfahrungen in einem immer noch stark von Männern dominierten Planungsumfeld. In der abschliessenden Diskussion wurde die Frage nach der Bedeutung einer Top-Down-Strategie erörtert und wie wichtig auch Modellprojekte sind. Es war die Rede von Zielkonflikten, zum Beispiel zwischen Barrierefreiheit und Denkmalschutz. Ein anderer Aspekt, der mehrfach angesprochen wurde, ist die Sensibilisierung für das Thema, die generell noch zu wünschen übrig lässt: Hierfür wäre es wichtig, bereits in der Ausbildung von Planerinnen und Planern für das Thema des «alltagstauglichen» und «gendergerechten» Planens zu sensibilisieren.

Der viel höhere Anteil an Altersarmut bei Frauen, der Gender Pay Gap, die ungleiche Verteilung von Care-Tätigkeiten: Diese Ungleichheiten lassen sich vielleicht nicht auf der Ebene der gebauten Stadt lösen. Aber bei all den diskutierten Massnahmen geht es letztlich darum, die vielfältigen Lebensrealitäten von Menschen im Allgemeinen anzuerkennen und die Städte Schritt für Schritt alltagstauglicher und damit auch gendergerechter zu machen.